Die Grünen pochen in der Migrationsdebatte auf eine stärkere Unterstützung der Kommunen – und warnen gleichzeitig vor Polarisierungen und Scheindebatten. Dafür sei es wichtig, Arbeitsverbote aufzuheben, forderte Parteichefin Lang.
Kurz vor dem Bund-Länder-Treffen zur Migration fordern die Grünen eine stärkere Unterstützung der Kommunen – und warnen gleichzeitig vor Polarisierungen und Scheindebatten.
“Lasst uns doch nicht nur darüber reden, was am härtesten klingt – sondern das, was am meisten bringt”, sagte Parteichefin Ricarda Lang im rbb. Dies seien mehr finanzielle Unterstützung für die Kommunen, schnellere Asylverfahren, der Abbau von Bürokratie und vor allem die Aufhebung von Arbeitsverboten “Wer arbeiten kann, der soll arbeiten dürfen”, betonte Lang. Das entlaste die Kassen und Kommunen und stärke zudem die Integration.
Lang und Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) hatten am Mittwoch in einem Gastbeitrag für den “Tagesspiegel” Vorschläge für mehr Ordnung in der Migrationspolitik gemacht. Lang bezeichnete dies im rbb nun als “Angebot zur Rückkehr zur Sachlichkeit”.
Forderung nach Verständigung mit der Union
Für die Vizefraktionschefin der Grünen im Bundestag, Agnieszka Brugger, ist eine stärkere Unterstützung der Kommunen “die wichtigste Aufgabe”. Dies bedeute aber am Ende des Tages auch mehr Geld, sagte sie im gemeinsamen Morgenmagazin von ARD und ZDF. Vor Ort wüssten die Menschen um ihre Probleme und was sie anpacken müssten. Brugger kritisierte “Scheindebatten” über die Einschränkung von Leistungen, die keine Hilfe bei den Problemen der Kommunen seien.
Die Grünen-Vizepräsidentin des Bundestags, Katrin Göring-Eckardt, forderte ebenfalls eine stärkere Unterstützung der Kommunen. Wichtig seien jetzt reale Erleichterungen für die Kommunen, sagte sie der “Welt”. “Polarisierungen und Zuspitzungen helfen da nicht weiter.” Sie warb gleichzeitig auch für eine politische Verständigung mit der Union. “Wir sind an einem Punkt, wo wir in dieser Frage einen demokratischen Konsens brauchen und uns gegenseitig die Hand reichen müssen.”
Scholz berät mit Merz und Dobrindt
Bundeskanzler Olaf Scholz trifft sich heute mit Unionsfraktionschef Friedrich Merz und CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt, um mit ihnen über das Thema zu beraten. Beide Seiten haben Stillschweigen vereinbart. Daher werden wohl keine Ergebnisse bekannt gegeben.
Der Vorsitzende der Ministerpräsidentenkonferenz, Hessens Ministerpräsident Boris Rhein (CDU), hatte zuvor vom Bund mehr Geld für die Flüchtlingsversorgung gefordert. Der Nachrichtenagentur dpa sagte er, angesichts der bundesweit deutlich gestiegenen Zahl von Migranten hätten die Länder allein in diesem Jahr Ausgaben von 17,6 Milliarden Euro. Hinzu kämen weitere 5,7 Milliarden Euro, die die Kommunen trügen.
Der Bund beteiligt sich laut Rhein in diesem Jahr mit nur 3,75 Milliarden Euro und wolle den Betrag für 2024 auf 1,25 Milliarden Euro kürzen. “Das ist aus Sicht der Länder nicht akzeptabel, weil der Bund die Städte und Gemeinden mit ihren Problemen alleine lässt.”
“Ministerpräsidenten sehr einig”
Die Ministerpräsidenten wollen am Montag mit Scholz über die Finanzierung beraten. Die Länder seien sich hier überparteilich “sehr einig”, betonte Rhein. Sie forderten eine Rückkehr zum sogenannten atmenden System: Je mehr Menschen kämen, desto mehr müsse der Bund zahlen: “Ein solches System ist nur gerecht, denn allein der Bund hat den Schlüssel zur Steuerung und zur Begrenzung der Flüchtlingszahlen in der Hand.”
Diskutiert werde am Montag zudem über eine Bezahlkarte für Asylsuchende anstelle von Bargeld: “Das kann den Anreiz reduzieren, nach Deutschland zu kommen.” Sie habe aber nur dann Sinn, wenn sie bundeseinheitlich eingeführt werde, sagte Rhein. Darüber hinaus müsse die Bundesregierung mehr funktionierende Rückführungsabkommen mit anderen Staaten schließen.
Holetschek fordert konkrete Ergebnisse
“Wir haben keine Zeit mehr für einen weiteren Schlingerkurs”, sagte Klaus Holetschek, CSU-Fraktionschef im bayerischen Landtag, der “Augsburger Allgemeinen”. Er stellte klar, dass Scholz’ Treffen mit den Ländern diesmal nicht ohne konkretes Ergebnis enden dürfe: “Wenn die Ampelregierung es nicht schafft, dieses zentrale Problem zu lösen, dann ist sie handlungsunfähig und muss die Konsequenzen ziehen.”
Aus seiner Sicht können das nur Neuwahlen sein, “weil die Ampel ihre Daseinsberechtigung verloren hat”. Holetschek fordert unter anderem Sachleistungen für Asylbewerber statt Geldzahlungen sowie mehr Tempo bei der Bearbeitung von Asylanträgen.