Ein Moskauer Gericht hat den Chef des US-Investmentfonds Hermitage Capital, Bill Browder, am Freitag in Abwesenheit zu neun Jahren Strafkolonie verurteilt. Es befand den in den USA geborenen Briten Browder und seinen russischen Geschäftspartner Iwan Tscherkassow des vorsätzlichen Bankrotts und der Steuerhinterziehung für schuldig.
Die beiden im Ausland lebenden Männer, die eine Rückkehr nach Russland ablehnen, sollen außerdem eine Geldstrafe von 4,2 Milliarden Rubel (60,7 Millionen Euro bezahlen. Browder, der in London lebt, bestätigte das Urteil bei Twitter.
Browder war Mandant des Steueranwalts Sergej Magnitski, der 2009 in einem Moskauer Gefängnis offenbar nach Misshandlungen starb. Magnitski hatte eine Korruptionsaffäre staatlicher Stellen auf Kosten des russischen Staats und von Hermitage Capital aufgedeckt. Er warf russischen Beamten vor, den Staat um 230 Millionen Dollar betrogen zu haben.
Er wurde 2008 von Mitarbeitern der Offiziere verhaftet, die er zuvor beschuldigt hatte. Magnitski stecke selbst hinter dem Betrug, hieß es. Der Fall wurde zum Politikum. Browder schrieb später ein Buch darüber (“Red Notice. Wie ich Putins Staatsfeind Nr. 1 wurde”). Der Investor setzte sich zudem dafür ein, die Verantwortlichen für den Tod Magnitskis vor Gericht zu bringen.
Der US-Kongress hatte Ende 2012 Sanktionen gegen russische Funktionäre beschlossen, die für den Tod des 37-jährigen Juristen im Gefängnis verantwortlich sein sollen. Das russische Parlament beschloss als Reaktion darauf ein Gesetz zum Verbot von Adoptionen russischer Kinder durch US-Bürger.
Zu diesem Zeitpunkt hatte Browder bereits lange Einreiseverbot in Russland. Er galt als Gefahr für die nationale Sicherheit.
Der russische Staatsanwalt Michail Resnitschenko sagte am Freitag, die Strafverfolgungsbehörden würden weiter auf Browders Auslieferung aus Großbritannien dringen und dazu auch erneut Interpol einschalten. Interpol lehnte die Ausstellung eines internationalen Haftbefehls bislang mit der Begründung ab, der Fall Browder sei “im Wesentlichen politischer Natur”.
In einer der Nachrichtenagentur AFP vorliegenden Erklärung Browders hieß es, das Urteil zeige die “Verzweiflung” des russischen Präsidenten Wladimir Putin angesichts der Vielzahl von Strafmaßnahmen gegen Russland im Zuge der Magnitski-Affäre.
Ein Moskauer Gericht hatte Browder bereits 2013 in Abwesenheit zu neun Jahren Lagerhaft wegen Steuerflucht verurteilt. Die Richter verurteilten bei dieser Gelegenheit auch Magnitski wegen Steuerhinterziehung – dreieinhalb Jahre nach seinem Tod.