Schnee im Winter ist, zugegeben, keine Überraschung. Was die Menschen in Bayern und Österreich jedoch derzeit erleben, ist alles andere als ein normaler Winter. Melanie D’Aurio wohnt mitten im Chaosgebiet in Lenggries. „Das ist eine absolute Ausnahmesituation“, sagt die 38-Jährige dem RedaktionsNetzwerk Deutschland. Auch ihre Tochter ist von dem Schneechaos betroffen. Sie geht in die erste Klasse und hat seit Dienstag schulfrei. Was für die Kinder eine verlängerte Ferienzeit bedeutet, ist für berufstätige Eltern eine Herausforderung. D’Aurio hat Glück: „Ich habe die beste Chefin der Welt und kann meine Tochter mit auf die Arbeit nehmen.“
Schulfrei wegen Schneefalls ist in der Region nicht normal. „Das habe ich in meinen 38 Jahren noch nicht erlebt. Auch meine Mutter kann sich nicht an eine solche Situation erinnern“, sagt die 38-Jährige. Und laut Wetterbericht kündigt sich für die Region schon der nächste Schnee an, der bei Temperaturen unterhalb des Gefrierpunktes wohl auch erst mal liegen bleiben wird. Im bayerischen Landkreis Miesbach musste am Montag sogar der Katastrophenfall ausgerufen werden. Auch hier fällt im gesamten Landkreis die Schule aus.
„Wir gehen davon aus, dass sich die Situation weiter verschärfen wird“
Inzwischen habe sich eine „Führungsgruppe Katastrophenschutz“ gebildet, sagt die Pressesprecherin des Landkreises, Sophie-Marie Stadler. Die Gruppe koordiniere alle Einsätze der Winterdienste und trifft sich alle zwei Stunden. „Zwar hat sich die Lage über Nacht etwas entspannt, doch nun erwarten uns schwere Sturmböen und bis zu einem Meter Neuschnee“, berichtet Stadler.
Da es sich nicht um Pulverschnee, sondern schweren und nassen Schnee handelt, sei die Lage besonders ernst. „Wir gehen davon aus, dass sich die Situation weiter verschärfen wird. Als Vorsichtsmaßnahme bleiben auch die Schulen die ganze Woche geschlossen“, sagt Stadler. Wie es in den kommenden Tagen weitergeht, sei noch völlig offen.
Doch wieso kommt plötzlich so viel Schnee auf einmal? Peter Hoffmann, Meteorologe am Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK), spricht von „ungewöhnlich massiven Niederschlagsmengen“. „Die Niederschläge, die uns im Sommer gefehlt haben, werden jetzt im Winter ausgeglichen.“ Weil die Meere aufgrund des langen heißen Sommers noch verhältnismäßig milde Temperaturen aufwiesen, käme es darüber zu einer starken Verdunstung, so Hoffmann. Die derzeitige Wind- und Strömungslage transportiere die Feuchtigkeit in Richtung Süden.
Viele Skigebiete in Österreich kapitulieren vor dem Schnee
Auch in Österreich ist die Lage aktuell sehr gefährlich. Viele Skigebiete kapitulieren vor dem Schnee und haben Pisten und Lifte vorerst geschlossen. Unternehmer Jannis Schmidt wohnt in Gargellen nahe der Grenze zur Schweiz. „So viel Schnee gab es schon lange nicht mehr“, sagt der 33-Jährige. Derzeit herrscht in der Region die höchste Gefahrenstufe für Lawinen.
Doch wie können sich die Bewohner im Tal davor schützen? „Nicht in den Berg gehen, mehr kann man da nicht tun“, sagt Schmidt. Auch die Wälder sollen die Menschen vor Ort derzeit meiden, zu groß ist die Gefahr von umstürzenden Bäumen. Der Schnee muss mit Lkw abtransportiert werden.
Unweit von seinem Wohnort sind bereits ganze Dörfer abgeschnitten: „Die Menschen dort hat es viel schlimmer getroffen als mich“, sagt Schmidt. Und bis Montag erwarten Meteorologen nochmals einen Meter Neuschnee.