15 Monate hat es gedauert, bis Heiko Maas zum ersten Mal nach Teheran gereist ist. 15 Monate, in denen sich der deutsche Außenminister gerne der Flugmeilen rühmte, die er bei seinen Reisen in alle Welt zurücklegt. 15 Monate – als wäre Irannicht einer der gefährlichsten Krisenherde der Welt, in Europas Nachbarschaft, ein Land, in dem sich Maas’ Vorgänger diplomatisch besonders engagiert hatten, eben weil sie wussten, was dort für Europa auf dem Spiel steht. Nun, da er am Montag für ein paar Stunden zu Gesprächen in Iran war, hat Maas offenbar nichts erreicht. Kein Wunder: Sein Besuch war ein klassischer Fall von “too little, too late” – zu wenig, zu spät. Richtig wäre es gewesen, demonstrativ nach dem Ausstieg der USA aus dem Atomabkommen nach Teheran zu reisen, vor einem Jahr also, am besten zusammen mit seinem britischen und dem französischen Kollegen, um deutlich zu machen, wie wichtig das Abkommen den Europäern ist.
Wenn die EU schon wirtschaftlich nicht viel tun kann, um die Folgen der Sanktionen zu mildern, mit denen die USA Iran überziehen, dann wäre ein politisches Symbol wichtig gewesen, um Vertrauen zu bewahren, Gesprächskanäle offenzuhalten und in Teheran demonstrativ jenen den Rücken zu stärken, die weiterhin auf das Abkommen setzen.
Geringere Bedeutung hätte Maas Iran kaum beimessen können
Stattdessen wartete der deutsche Außenminister ein Jahr lang ab und machte Teheran nun zur letzten Station einer mehrtätigen Reise, die ihn zunächst nach Jordanien, in den Irak und die Vereinigten Arabischen Emirate führte. Geringere Bedeutung hätte man Iran kaum beimessen können. Und Symbole sind wichtig in der Außenpolitik.
Natürlich ist es schwierig, sich im Atomstreit gegen die USA auf die Seite der Islamischen Republik zu stellen, gerade als Deutschland und gerade als Außenminister, der von sich sagt, dass er wegen Auschwitz in die Politik gegangen sei. Aber als der damalige Bundespräsident Joachim Gauck und Außenminister Frank-Walter Steinmeier vor fünf Jahren forderten, dass Deutschland mehr Verantwortung in der Welt übernehmen solle, hieß das auch: Deutschland solle sich im Hier und Jetzt nicht mehr durch seine Geschichte davon abhalten lassen zu vertreten, was es für geboten hält, in deutschem und europäischem Interesse. Und in diesem Fall auch: in israelischem Interesse.
Nichts spricht dafür, dass Trumps Eskalationspolitik den Nahen Osten zu einer sichereren Region machen könnte, schon gar nicht für Israel. Deutschland hat das Atomabkommen immer auch deshalb unterstützt, weil es zu Recht überzeugt war, dass es der Sicherheit Israels dienen würde. Es stimmt, das Atomabkommen hat weder den Streit um Irans Raketenprogramm beendet noch die Sorge über seine Unterstützung für militärische Kräfte in der Region verringert. Hier gilt es, sich weiter mit Teheran auseinanderzusetzen. Aber Deutschland sollte sich in diesem Fall Trumps Logik zu eigen machen: Zwei Probleme sind weniger als drei. Der Sommer ist eine wundervolle Zeit, aber auch sehr verführerisch. Er lockt mit kulinarischen Genüssen wie leckerem Eis, herzhaftem Grillgut oder auch exotischen wie kalorienreichen Cocktails. Wir zeigen hier, wie man die Sommerzeit ohne schlechtes Gewissen und in vollen Zügen genießen kann.
Nun schaut Deutschland tatenlos zu, wie Trump die Region in einen tödlichen Dualismus treibt: Sollte Iran als Reaktion auf den Ausstieg der USA und die Schwäche der Europäer sein Atomprogramm wieder aufnehmen, könnte vermutlich nur ein militärischer Angriff verhindern, dass Iran mittelfristig über Atomwaffen verfügt. Das wäre eine Katastrophe für die Region, für Israel und für Europa. Und auf welcher Seite stünde Deutschland dann?
Berlin darf nicht länger Diplomatie auf Sparflamme betreiben. Es muss die verbliebenen Signaturmächte des Atomabkommens, also auch Russland und China, mit Iran und den Europäern an einen Tisch bringen. Es könnte ein regelmäßiges Gesprächsformat der Europäer mit Teheran aufbauen und alles daran setzen, dass die Folgen der Sanktionen gemildert werden. Deutschland braucht endlich eine aktive Politik, die Europas Interessen vertritt. Mit einem späten, verdrucksten Besuch ist es nicht getan.