Brisantes Treffen in Dubai: Vor Reportern des Bayrischen Rundfunks erzählte der Ex-Geheimdienstmitarbeiter Martin Weiss (58) seine Version vom Wirecard-Krimi und des Verschwindens des Wirecard-Managers Jan Marsalek. Österreichs Justiz kommt dabei nicht gut weg.
Er verhält sich eigentlich sehr still in seinem Exil in Dubai, jetzt empfing er ein deutsches Reporterteam in seinem Hotel: Martin Weiss (58) wird – der eXXpress hat berichtet – ja vorgeworfen, dem mutmaßlichen Milliardenbetrüger und Wirecard-Manager Jan Marsalek am 19. Juni 2020 zur Flucht verholfen zu haben. In Österreich droht ihm die sofortige Verhaftung.
Mit seiner aktuellen Erzählung der Vorgänge rund um den brisanten Wirecard-Krimi gegenüber dem Bayrischen Rundfunk lässt Weiss die deutsche und die österreichische Justiz sowie die Ermittlungsbehörden nicht wirklich gut dastehen: Er sei keinesfalls ein “Fluchthelfer”, betonte der frühere Mitarbeiter des damaligen Bundesamtes für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT), das sich jetzt DSN nennt.
Weiss: “Er (Marsalek) hat mir seinen Reisepass gegeben, ich habe diese Unterlagen nach Österreich geschickt, mit der Bitte, dass man ein Flugzeug organisiert. Ich habe mir im ersten Ansatz gar nichts gedacht, es gar nicht irgendwie als verwerflich empfunden.”
Marsalek hebt schließlich mit dem Privatflieger von Bad Vöslau aus ab. Den von den Ermittlungsbehörden in Wien und München erhobenen Vorwurf der Fluchthilfe weist Weiss zurück: “Marsalek ist offiziell und angemeldet ausgereist.” Der Flughafen Bad Vöslau wird – wie Besitzer oder Mitbenützer von Privatmaschinen wissen, eigentlich kaum von der Polizei überwacht.
Erneute Bestätigung der Vertrautheit zwischen Geheimdienst und Marsalek
Erwiesen ist: Tatsächlich gab’s erst am 22. Juni 2020 einen Haftbefehl gegen Jan Marsalek, berichtet der bayrische Rundfunk. Damit war Marsalek zum Zeitpunkt seiner Abreise kein Tatverdächtiger, sondern erst drei Tage später. Die Justiz und die Exekutive waren einfach zu langsam.
Gegen Martin Weiss wird noch wegen anderer mutmaßlicher Vergehen ermittelt: Die Staatsanwaltschaft in Wien wirft ihm Bestechlichkeit, Begünstigung und Verdunklungsgefahr vor. Von Anfang 2018 bis Ende 2020, so räumte es Weiss im vergangenen Jahr im Rahmen einer Vernehmung bei der Staatsanwaltschaft Wien ein, habe er einen früheren BVT-Kollegen darum gebeten, Abfragen zu 25 Personen in Polizeidatenbanken vorzunehmen, teilweise auf Bitten von Marsalek.
Der Kollege soll dafür Geld von Weiss bekommen haben. Weiss betont im Gegensatz dazu, einen Zusammenhang zwischen der Zahlung und den Abfragen bestehe nicht. Die Staatsanwaltschaft Wien sagt nichts zu den laufenden Ermittlungen.
Mit seinem Interview mit dem Bayrischen Rundfunk bestätigt Martin Weiss aber auch einen wesentlichen Kritikpunkt in der Wirecard-Affäre: Die jahrelange enge Vertrautheit zwischen einem österreichischen Geheimdienstmitarbeiter und einem mutmaßlichen Milliardenbetrüger – was der Dienstaufsicht im früheren BVT damals offenbar komplett entgangen ist.